Sein wissenschaftliches Lebenswerk kreiste um die Bedeutung Johannes Calvins – als Theologe bezog er auch in mannigfacher Weise andere philosophische, ethische und kirchenrechtliche Themen mit ein wie die Menschen- und Bürgerrechte. Bohatec war der große Kenner der holländischen Kirchenrechtsliteratur. Seine Leistung wurde schon zu seinen Lebzeiten durch zahlreiche Ehrungen anerkannt.
Josef Bohatec war auch viele Jahre hindurch Gemeindevertreter und Presbyter in der Reformierten Pfarrgemeinde Wien-Innere Stadt. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs nicht als Krieger- und Heldendenkmal gestaltet wurde, sondern als Zeichen der Friedenssehnsucht, die in den Herzen aller gläubigen Menschen lebt. Die Auseinandersetzung darüber verlief sehr heftig.
Auf Grund seiner Mitgliedschaft in der Synode H.B. und in der Generalsynode haben ihm die Evangelischen Kirchen beider Bekenntnisse viele wertvolle Anregungen zu verdanken. Auf ihn geht der Gedanke der Kirchenverfassung 1931 (die keine Gültigkeit erlangte) von der Evangelischen Kirche (A. u. H. B.) als einer Verwaltungsgemeinschaft Evangelisch-Lutherischer und Evangelisch-Reformierter Gemeinden zurück.
Er studierte u.a. an den Universitäten Wien und Prag Theologie, Philosophie, klassische und germanische Philosophie und Jurisprudenz. Am 31. März 1903 erwarb er an der philosophischen Fakultät der Universität Prag den Grad eines Doktors der Philosophie, am 5. Jänner 1905 erwarb er den akademischen Grad eines Lizentiaten der Theologie der Wiener Fakultät. Am 12. Dezember 1912 habilitierte er sich an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn für die Fächer Kirchengeschichte und systematische Theologie, nachdem er seit 1907 die für den gesamten deutschen Protestantismus bedeutungsvolle und herausgehobene Stelle eines Inspektors des Reformierten Predigerseminars in Elberfeld bekleidet hatte. 1912 als Professor nach Bonn berufen, wirkte er bereits ab 1913 als Professor für Reformierte Dogmatik und Symbolik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien, wo er auch nach 1918 trotz eines Rufes nach Prag blieb.
Josef Bohatec war Ehrenmitglied der Pilgrim Fathers Society in Leiden, wirkliches Mitglied der Historisch Genootschap in Utrecht, Ehrenprofessor der Reformierten Theologischen Hochschule in Papa und der Universität Debrecen, sowie Ehrendoktor der Theologie der Universität Bonn und Ehrendoktor der Rechtswissenschaft der Freien Universität Amsterdam. Nachdem er die Möglichkeit, an eine andere Universität zu übersiedeln, ausgeschlagen hatte, blieb er Mitglied des Professorenkollegiums der inzwischen in den Verband der Alma Mater Rudolphina aufgenommenen Evangelisch-Theologischen Fakultät.
Sein Andenken als akademischer Lehrer wird, wegen seiner gewissenhaften, bescheidenen und freundlichen Art bei seinen früheren Hörern, bis heute in hohen Ehren gehalten. Auf einstimmigen Antrag des Fakultätskollegiums der Evangelisch-Theologischen Fakultät hat der Akademische Senat der Universität Wien 1982 einstimmig die Aufnahme seines Namens in die Ehrentafel der Universität beschlossen. Es ist der erste eines evangelischen Theologie-Professors, der nach nun 70jähriger Zugehörigkeit der Evangelisch-Theologischen Fakultät zur Universität Wien dieser hohen Ehre teilhaftig wurde.
Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 41-42.