August FÖRSTER

Geboren am 3. Juni 1828 in Lauchstädl/D.
Gestorben am 22. Dezember 1889 am Semmering.

Theaterdirektor, Regisseur und Schauspieler

Förster studierte Theologie in Halle, wandte sich aber bald philosophischen und historischen Studien zu und promovierte 1851 mit einer Abhandlung über den Einfluss der Lessingschen Dramaturgie auf die Einführung Shakespeares in Deutschland.

Aus Wikimedia Commons

Er debütierte bei der Bredowschen Gesellschaft in Naumburg, erhielt sein erstes festes Engagement 1853 in Posen, es folgten Engagements in Stettin (1856), Danzig (1857, erstmals als Regisseur) und kurze Zeit in Breslau. Anfang 1858 verpflichtete ihn Laube an das Burgtheater, wo er bis 1876 als Schauspieler und Regisseur wirkte. Daneben hatte er 1871 bis 1875 eine Professur am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien inne. 1876 bis 1882 war er Direktor des Leipziger Stadttheaters, 1883 Mitbegründer des Deutschen Theaters in Berlin.

1888 wurde er Burgtheaterdirektor. Im selben Jahr ist das neue Theater eingeweiht worden. Seine Amtszeit war von dem Übergang in das neue Haus dominiert, dem die Presse den Untergang voraussah. Hugo Thimig meinte: »Nun sitzen wir unrettbar fest in der neuen, prunkvollen Gruft unseres Burgtheaters und sehen, qualvoll und geängstigt als Lebendbegrabene, wie man das alte liebe Haus langsam und erbarmungslos einreißt.« Ausgelöst durch den Selbstmord des Kronprinzen Rudolf in Mayerling schloss das Theater für eine Weile. Kaiser Franz Joseph blieb im Trauerjahr zwar den Vorstellungen fern, seine Freundschaft zu Katharina Schratt verband ihn jedoch weiter mit dem Haus.

Als Schauspieler gestaltete Förster seine Rollen mit Natürlichkeit, Gemüt und Humor, als Regisseur gelangen ihm vorzügliche Durchdringung, realistische Gestaltung und dramaturgische Straffung. Er war ein hervorragender Schauspieler-Pädagoge, schrieb einige eigene Schauspiele und übersetzte zahlreiche französische Stücke ins Deutsche. Als Burgtheaterdirektor erneuerte er das Repertoire, konnte aber seine Wirkung nicht mehr voll entfalten, weil er bereits im Dezember 1889 verstarb.

Seine Söhne Hans Förster (geb. 30. 12. 1852; gest. 10. 1. 1892) und Heinrich Förster (geb. 27. 7. 1859; gest. 8. 9. 1897) wirkten ebenfalls als Regisseure und Schauspieler.

Er war evang. A. B. und wurde am Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf bestattet.

 

Siehe auch:

  • Das Burgtheater – Direktoren
    In: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 168.

 

Weblinks (Auswahl):

Alexander Girardi – Der Komödiant von Wien

Girardi begann als junger Buffo und entwickelte sich rasch zum genialen Charakterdarsteller Raimund‘scher Gestalten wie Valentin und Fortunatus Wurzel. Er war die Leitfigur für die Operette und das volkstümliche Drama seiner Zeit. Viele nennen ihn das Theatergenie seiner Zeit.

Am 24.5.1887 sang Girardi das erste Mal auf einem Praterfest der Fürstin Metternich das Fiakerlied. Aber auch das kritische Wienerlied hat er seinen zahllosen Wiener Verehrern nicht erspart:

»Pfürl. di Gott du alte Zeit«
Die Christen, die Türken, der Jud’und der Heid’
habn glebt mitananda in Wien lange Zeit.
In Fried und Eintracht, ka Ausnahm hats gebn,
denn jeder hats Recht doch zum Leben.
Auf d’ Gastfreundschaft warn immer stolz d’ Weanaleut,
man hat viel drauf ghalten, in der uralten Zeit.
Auf amal, ja san denn die Menschen verlorn,
is alles ganz anderster wordn.
Der eine will den nicht, der den nicht herin,
verschwunden is Friede und Eintracht in Wien.
O du alter Stefansturm
O du blauer Donaustrand, ist denn das net mehr das Wien ?
Dort wo unsere Wiege stand, von einer Gmütlichkeit ka Spur,
wo man hinschaut, sicht man nur, andere Gsichter,
andere Leut, pfürt di Gott die edle Zeit.

(Wiener Walzerlied/ Text und Musik von Carl Lorens (1851-1909))

Mit triumphalen Erfolgen kreierte er alle Komikerrollen in den Operetten von Strauss (etwa den Frosch), Millöcker, Eysler, Lehár. Er spielte aber auch mit großem Erfolg Carl Karlweis’ »Das liebe Ich«, »Onkel Toni«, Hermann Bahrs »Der Athlet, und Jean Richepins »Landstreicher«. Ohne dramatischen oder Gesangsunterricht genommen zu haben, debütierte er in Nestroys »Tritsch Tratsch« am Sommertheater in Rohitsch-Sauerbrunn. Über Krems, Karlsbad und Bad Ischl kam er schließlich an das neueröffnete Stampfer-Theater (Tuchlauben 12, 1871-1874) nach Wien. Mit Josefine Gallmeyer und Felix Schweighofer erwarb er sich rasch die Liebe des Publikums.

Rollenbildnis als „Aschenmann“ in „Der Bauer als Milionär“.   Atelier Madame d’Ora, 1918.
Aus Bildarchiv Austria, ÖNB

Im Theater an der Wien feierte er 1896 große Triumphe. 1896/97 spielte er im Carl-Theater, 1898-1900 als Charakterdarsteller im Wiener (Deutschen) Volkstheater: Dann ging er als Gaststar ans Raimund– und Stadttheater, später nach Berlin, Hamburg und Dresden. Zwei Monate vor seinem Tod debütierte er am Wiener Burgtheater als Fortunatas Wurzel in Raimunds »Der Bauer als Millionär«. Mit seinem Lied vom Abschied der Jugend (»Brüderlein fein«) erschütterte er das Publikum zuliefst.

Auf Girardi selbst soll angeblich der nach ihm benannte Rostbraten zurückgehen: Da Girardi als Gemüseliebhaber bekannt war, soll eines Tages die Schauspielerin Katharina Schratt versucht haben, die Vorlieben ihrer beiden Gäste Girardi und Kaiser Franz Joseph (der Rindfleisch bevorzugte) »unter einen Hut zu bringen«. Sie wies die Köchin an, das Rindfleisch mit Gemüse zu bedecken, sodass vom Fleisch nichts mehr zu sehen war – der »Girardi-Rostbraten« war erfunden.

Girardi selbst sorgte auch für die Popularität eines flachen Strohhuts mit gerader Krempe, den er mit Vorliebe trug. Dieser Hut wurde später unter der Bezeichnung »Girardi-Hut« bekannt. Sein typischer Wiener Charakter ist der Inhalt vieler Anekdoten. Als er ans Burgtheater engagiert wurde, entschuldigte sich der Direktor, er könne ihm wegen der schlechten Zeiten keine Gage zahlen, die einem Star wie ihm eigentlich gebühre. Da antwortete Girardi: »Machen S‘ Ihnen nix draus, Herr Direktor, goldene Nockerln kann i sowieso net essen!«

Oder, wenn er seinen Hausarzt anpries: »Wissen S‘, ich hab einen wunderbaren Hausarzt. Wann i krank bin, lass ich ihn kommen. Dann setzt er sich an mein Bett, wir plauschen ein Stünderl miteinanda; dann verschreibt er mir a Pulverl, das i net nimm, und am nächsten Tag bin i wieda pumperlgsund.«

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 74 – 76.

 

Egon Friedell – Die Kulturgeschichte der Neuzeit

Egon Friedell, 1931, Foto von Edith Barakovich (Aus Wikimedia Commons)

1905 schreibt Friedell für die Fackel einen Artikel mit dem Titel »Vorurteile«. Und er entlarvt eines der ältesten und wichtigsten Vorurteile aller Eltern, Erzieherinnen und Erzieher: »Das schlimmste Vorurteil, das wir aus unserer Jugend mitnehmen, ist die Idee vom Ernst des Lebens. Die Kinder haben den ganz richtigen Instinkt: sie wissen, dass das Leben nicht ernst ist, und behandeln es als Spiel.«

Der Sketch »Goethe«, den er gemeinsam mit Alfred Polgar verfasst hat – er gehört zum Großartigsten, das je für eine literarisch-satirische Bühne geschrieben worden ist –, machte ihn rasch im deutschsprachigen Raum berühmt. Bald danach wurde er künstlerischer Leiter des Kabaretts Fledermaus. Und Felix Salten, Vater von »Bambi« und der »Josefine Mutzenbacher«, kommentierte: »Da stand nun Egon Friedell, Doktor der Philosophie, Hofnarr des Publikums und, wie die meisten Hofnarren, dem Gebieter weit überlegen.«

Friedells glänzendstes Werk ist seine dreibändige »Kulturgeschichte der Neuzeit«. Der Autor erzählt die Ereignisse vom späten Mittelalter bis zum Imperialismus. Er beginnt mit der großen Pest von 1348 und verblüfft durch erstaunliche Kommentare, Anekdotisches und Bonmots. Das Werk ist bis heute in sieben Sprachen übersetzt worden. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland wollte kein deutscher oder österreichischer Verleger dieses Werk veröffentlichen. Im Februar 1938 wurde es in Deutschland überhaupt verboten. Friedell hatte sich deklariert: »Das Reich des Antichrist. Jede Regung von Noblesse, Frömmigkeit, Bildung, Vernunft wird von der Rotte verkommener Hausknechte auf die gehässigste und ordinärste Weise verfolgt.« (1935)

»Es ist ein Erlebnis, heute Friedell zu lesen: Einerseits erregt es Erstaunen, wie sehr seine Ansichten, Analysen, Stellungnahmen, Charakterisierungen und Aperçus zur Allgemeinansicht geworden sind. Jede Wahrheit beginnt als Anachronismus, sie wird erst langsam wahr. Es braucht immer eine gewisse Zeit, bis ihre Tiefe heraufsteigt, nach oben kommt und sichtbar, das heißt oberflächlich wird. … Andererseits kommt in der »Kulturgeschichte« eine prophetische Gabe Friedells zum Vorschein, die intellektuell bestürzt. Die jüdischen Propheten waren weder Wahrsager noch Futurologen. Sie waren Analytiker der Gegenwart, vor allem Deuter des Eingreifen Gottes in diese Gegenwart. Erst später tauchen auch in der jüdischen Tradition Apokalyptiker auf. Ist vielleicht Karl Kraus ein apokalyptischer, Egon Friedell ein analytischer Prophet unserer Tage? … Prophetisch kann man auch zahlreiche Analysen Friedells über grundlegende Veränderungen in unserer Zivilisation nennen. Es wird, so aber spricht – im Gegensatz zum Apokalyptiker – der analytische Prophet, das Abendland zwar »untergehen, aber nur soweit es von Spengler ist.«« (Neue Freie Presse vom 10.2.1934)

Sein Vater war Seidentuchfabrikant. Die Ehe der Eltern wurde 1887 geschieden, die Mutter verließ die Familie. Nach dem Tod des Vaters lebte Egon bei seiner Tante. Er musste häufig die Schule wechseln, galt als unerträglicher Störenfried und Querdenker. Mit Ach und Krach maturierte er 1899 in Heidelberg. Schon mit 18 Jahren war er in Berlin als Gasthörer für Germanistik, Naturwissenschaften und Philosophie eingeschrieben. 1897 konvertierte er zum Evangelisch-Lutherischen Glauben. Gründe für diese Konversion sind nicht bekannt. Raoul Kneucker, sein jüngster Biograf und Kommentator, beschäftigte sich sehr ausführlich mit den Hintergründen dieser Konversion, dem Verhältnis der beiden Minoritätenjuden und Protestanten zueinander, bzw. damit, was eigentlich das Lutherische an Friedell sei.

Von 1900 bis 1904 studierte Friedell in Wien Philosophie. Er promovierte 1904 mit einer Dissertation über »Novalis als Philosoph«. 1916 änderte er seinen Namen von Friedmann in Friedell. In den folgenden Jahren entwickelte sich Friedell zum bunten Vogel und zum Universalgenie: Er war Schriftsteller, Essayist, Kritiker, Journalist, Schauspieler, Kommentator, Übersetzer, Kabarettist usw.

Von ihm sagte Hilde Spiel: »In ihm stand noch einmal die berauschende Fiktion vom universalen Menschen vor uns auf.«

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 67 – 68.