Geboren am 15. Jänner 1817 in Königsberg i. Pr.
Gestorben am 15. November 1903 in Baden, Niederösterreich.
Sängerin, Schauspielerin, Theaterdirektorin und Übersetzerin
Lithographie von August Prinzhofer, 1854. Aus Wikimedia Commons
Ida Schuselka-Brüning war die Tochter des Schauspielers Gustav Friedrich Wohlbrück und der Schauspielerin Friederike Amalie von Bentzmann aus Danzig; Gattin des Schauspielers Karl Brüning, dann des Publizisten Franz Schuselka (1811-1886) und Großmutter von Olga Wohlbrück.
In St. Petersburg zur Sängerin ausgebildet, debütierte sie 1833 am Stadttheater von Reval als Solistin, hatte 1838 ein Engagement an der Oper in Hamburg und kam 1842 über Hannover nach Wien, wo sie ab 1842 am Kärntnertortheater und am Theater in der Josefstadt sowie am Theater an der Wien bis November 1843 in 19 Rollen und rund 270 Vorstellungen auftrat, danach in Berlin, Hamburg, Dresden sowie Frankfurt und ab 1850 wieder am Theater an der Wien. Dank Ihrer Schönheit, Ausstrahlung, ihres sängerischen, darstellerischen und tänzerischen Könnens war sie die ideale Interpretin der schalkhaften Soubrettenrollen des französischen Singspiels.
1853 wurde sie Mitglied der Dresdner Hofbühne und begann eine zweite Laufbahn als Charakterschauspielerin.
Von 1855 bis 1857 leitete sie das Landestheater Linz, 1862 gründete sie ein kurzlebiges deutsches Theater in Paris, hielt Rezitationsabende mit deutschen Klassikern ab und gründete eine Schule für deutsche Sprache und Literatur. Außerdem übersetzte sie französische Werke ins Deutsche und bearbeitete französische Stücke, zum Teil sehr erfolgreich, für die deutsche Bühne.
Ida Schuselka-Brüning war evangelisch A.B. und wurde am Friedhof von Schottwien beigesetzt.
Geboren am 17. April 1809 in Hamburg.
Gestorben am 11. April 1866 in Wien.
Schauspielerin
Foto von Ludwig Angerer Aus Bildarchiv Austria, ÖNB
Julie Rettich geborene Gley ergriff gegen den Willen ihrer Eltern (der Vater war Schauspieler, die Mutter Opernsängerin) den Schauspielberuf und debütierte 1825 am Dresdner Hoftheater. Schon 1828 gastierte sie am Hofburgtheater und war da auch von 1830 bis 1833 und ab 1835 als Nachfolgerin Sophie Schröders engagiert. Neben dieser und Charlotte Wolter gilt sie als die dritte große Burgschauspielerin des 19.Jahrhunderts. Sie war mit Erzherzogin Sophie befreundet, genoss großen Einfluss bei Hof und beeinflusste oft das Burgtheatergeschehen. In ihrem Salon verkehrten Bauernfeld, Grillparzer, Friedrich Halm, Hebbel, Laube und Adalbert Stifter. Mit der bekannten Literatin Betty Paoli verband sie eine Freundschaft. Betty Paoli schrieb in einem Nachruf auf die von ihr verehrte Julie Rettich: »Wenn aber schon eine zur vollkommenen Ausbildung gelangte Eigenschaft hinreicht, einem Menschen Geltung zu verschaffen, wie erst dann, wenn der Hort, von dem jeder Bruchteil ein köstliches Kleinod, sich in einem Wesen ganz und voll vorfindet?« In der Handschriftensammlung der Stadt Wien gibt es ein »Billettlein von Betty Paoli an die bezaubernde Burgtheatertragödin Julie Rettich« mit der Bitte um eine Zusammenkunft.
Heute kann sich das niemand mehr vorstellen: Ganz Wien ging ins Burgtheater, um den »Wolterschrei« zu hören. Damals wurde die einzelne Schauspielerin oder der Schauspieler fast kultisch verehrt. Als berühmteste Tragödin des 19. Jahrhunderts spielte Charlotte Wolter im Lauf von 35 Jahren im Burgtheater 127 Rollen an 2103 Abenden. Und alles wartete auf den Schrei.
Jakob Minor versuchte das Phänomen zu beschreiben: »Wohl niemals werden wir das Parzenlied der Iphigenie, niemals auch die Sappho’sche Ode und das Gebet zu den erhabenen, heiligen Göttern in einem so seelenvollen und melodischen, die weiteste Skala von Tönen umfassenden Vortrag hören … Das Organ der Wolter war ein Mezzosopran von dunkler Färbung, wie Sammet oder wie Bronze, biegsam und scharf zugleich wie Stahl. Das Ergreifende lag wohl hauptsächlich in dem leisen Vibrieren ihres immer seelisch bewegten Tones, der in der Leidenschaft zu einem Umfange und zu einer Höhe anschwellen konnte, die mit der Macht des schrillsten Naturlautes ans Herz griffen. Das war der berühmte Wolterschrei – kein virtuoses Kunststück, sondern so notwendig wie der Blitz aus der dunklen Wolke.«
Aus Bildarchiv Austria, ÖNB
Von keiner Schauspielerin gibt es in den Sammlungen des Wien Museums mehr Porträts und Erinnerungsgegenstände als von ihr. 1700 Objekte, Alltagsgegenstände aus ihrem Leben, Lithografien, Kostümentwürfe, Gemälde, Aquarelle, Karikaturen, Zeitungsausschnitte, Totenmaske zeugen von ihrer großen Popularität. Josef Szekely wurde zu ihrem Leibfotografen und mit ihm und der Hilfe der Printmedien steigerte Charlotte Wolter noch ihre Popularität. Nicht nur auf der Bühne hatte man die Gelegenheit, ihre schauspielerischen Leistungen zu verfolgen, auch ihr Privatleben war neben öffentlichen Auftritten in vielen Zeitschriften und Tagesblättern Thema. Diese Selbstdarstellungen von Charlotte Wolter zeigen, dass bereits im 19. Jahrhundert, zur Zeit der Anfänge der Fotografie, die Inszenierungsformen der Kultfigur und des Starkörpers des 20. und 21.Jahrhunderts entwickelt wurden. 1867 konnte sie ihr schauspielerisches Können als Lady Macbeth (Inszenierung: Heinrich Laube, Kostüm und Maske von Hans Makart) besonders eindrücklich zeigen, als Höhepunkt der Inszenierung im Stil des historischen Realismus gilt ihre Rolle als Messalina 1874. Durch sie wurden auch zwei österreichische Dichter zu neuem Bühnenleben erweckt: Franz Grillparzer und Friedrich Hebbel.
Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 161-162.