Josefine Gallmeyer – Die freche Komödiantin

Sie war die populärste Sängerin und Schauspielerin der Wiener Volksbühne in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Die Wienerinnen und Wiener verehrten sie als »weiblichen Nestroy«. Als »größtes theatralisches Talent Wiens« (Eduard von Bauernfeld) ging die in Leipzig geborene Tochter eines Theaterdirektors und einer Sängerin in die Geschichte ein.

Josefine Gallmeyer. Aus Wikimedia Commons

Von Nestroy wurde sie entdeckt, aber dann während seiner Direktion am Carl-Theater als »zu hässlich« befunden. Das konnte ihrer Karriere als Schauspielerin, Soubrette, Volkssängerin, Tänzerin und Schriftstellerin aber keinen Abbruch tun. Ihr typisch Protestantisches kann der Nachwelt nur in zwei Eigenschaften übermittelt werden: Unbotmäßigkeit und Insubordination. Zu Deutsch: Sie hat nicht gefolgt und sich nicht untergeordnet. Sie leistete sich Witz, Improvisation und persönliche Extravaganzen. Wirklich leisten konnte sie sich diese Eigenschaften nicht – zum Schluss starb sie verarmt.

Nach ihrem Debüt in Brünn trat sie 1856 erstmals in Wien am Josefstädter Theater auf. Nach einer Zeit als Mitglied des Deutschen Theaters in Pest kam sie zu Nestroy ans Carl-Theater. Das an der Praterstraße in der Leopoldstadt gelegene Carl-Theater war 1847 an Stelle des vormaligen Leopoldstädter Theaters errichtet worden. Architekten des Neubaus waren die späteren Erbauer der neuen Hofoper, Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg. Ihre große Begabung entfaltete sich in den Volksstücken und den Possen. Ab 1865 begann ihre große Karriere am Carl-Theater unter der Direktion Ascher. 1872 trat sie in das von Strampfer gegründete Theater unter den Tuchlauben ein, dessen Leitung sie dann 1874 gemeinsam mit dem Dichter für sechs Jahre zusammen mit Nikolaus Duffek (Pseudonym Julius Rosen) übernahm. Bei diesem Unternehmen verlor sie den Großteil ihres Vermögens. Nach einer erfolgreichen Tournee durch Amerika kam sie nach Wien zurück, dann nach Graz, wo sie 1884 in der Operette »Mascotte« das letzte Mal spielte. Von ihrem schriftstellerischen Werk sind »Aus is’«, »Die Schwestern« und das Drama »Aus purem Haß« bekannt.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 70 – 71.

 

Josefine GALLMEYER

Geboren am 27. Februar 1838 in Leipzig/D
Gestorben am 3. Februar 1884 in Wien

Schauspielerin, Soubrette, Volkssängerin, Tänzerin, Schriftstellerin

Josefine Gallmeyer, vor 1885, von Friedrich Wendling, Wien.                              Aus Bildarchiv Austria, ÖNB

Josefine Gallmeyer wurde in Leipzig als uneheliche Tochter der Sängerin Katharina Thomaselli geboren und hat später den Namen ihres Stiefvaters Christian Gallmeyer angenommen.

Bereits 1853 debütierte sie am Stadttheater in Brünn, weitere Engagements und Gastspiele folgten, die aber wegen Gallmeyers unbotmäßigen und cholerischen Verhaltens immer nur kurz gewesen sind.

Während ihres Engagements bei Friedrich Strampfer in Temesvár (1860-1862) zeigte sich ihre eigentliche Begabung im Genre des Volksstücks und der Posse. 1862 ging sie mit Strampfer ans Theater an der Wien, 1865 ans Carl-Theater (Direktion Anton Ascher), wo ihre große Karriere begann, die sie zur populärsten Sängerin und Schauspielerin der Wiener Volksbühne in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts machte. Charakteristisch waren aber ihre zahllosen Affären und ihre Verschwendungssucht. Zeitweilig galt Gallmeyer als sehr vermögend, doch der Konkurs des ab 1875 unter ihrer Leitung stehenden Stampfer-Theaters sowie ihre immense Wohltätigkeit führten dazu, dass sie fast völlig verarmt war, als sie im Alter von 46 Jahren starb.

Josefine Gallmeyer war evangelisch A.B. und wurde zunächst am Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf beigesetzt. Später Überführung auf Wiener Zentralfriedhof, Ehrengrab Gr. 32A, Nr. 17 (Denkmal: Theodor Khuen).
Die Gallmeyergasse im 19. Wiener Gemeindebezirk wurde 1928 nach ihr benannt.
An ihrem Sterbehaus im 2. Wiener Gemeindebezirk, Praterstraße 54, befindet sich eine Gedenktafel .

 

 

Weblinks (Auswahl):