Ernst Wahliß – Das Porzellan der Bürger

Augarten-Porzellan war kaiserlich, Wahliß war bürgerlich. Sein Porzellan kauften die neuen Reichen im 19.Jahrhunclert, der »Geldadel«, die liberalen Großbürger Wiens. Die Geschäftshäuser in der Kärntner Straße in Wien und in London waren prachtvoll, sein Warenangebot attraktiv. Wahliß soll auch künstlerisch begabt gewesen sein und selbst Porzellan bemalt haben. Der Kaiser gab dem Unternehmer mehrmals die Ehre seines persönlichen Besuches. Bei seinem Ableben wurde das Vermögen auf 20 Millionen Kronen geschätzt.

Als Reisender einer Porzellanmanufaktur kam er von Sachsen nach Wien, verheiratet mit der Pastorentochter Anna Bahr, mit der er elf Kinder hatte. Nach der Hochzeit machte er sich selbständig und eröffnete im Heinrichshof ein Porzellangeschäft. Die Umsätze florierten derart, dass er 1879 in der Kärntner Straße Nummer 17 das Porzellanhaus erbauen lassen konnte. Es handelte sich um einen fünfstöckigen Bau, dessen Fassade mit Porzellan verkleidet war. Zur Eröffnung des Gebäudes erschien sogar Kaiser Franz Joseph. Er kam auch zur Besichtigung der luxuriösen Exponate, die 1893 zur Weltausstellung nach Chicago gingen.

In Kärnten »sicherte er sich ein bleibendes Andenken«, indem er 1883 in Pörtschach einen großen Grund erwarb und dort in einem weitläufigen Park ein Dutzend Sommervillen errichtete. 1891 bezog der Mittfünfziger Ernst Wahliß auch den Kurort Velden in seine Interessen ein: Er erwarb um 45.000 Gulden die Ruine des historischen Schlosses Velden und ließ das Gebäude nach alten Ansichten wieder aufbauen. Das Schloss wurde zu einem Luxushotel adaptiert und verfügte mit den Dependancen Parkvilla und Strandvilla über 150 Zimmer.

Mitte der 1890er Jahre griff der Millionär Wahliß dem evangelischen Pfarrer in Waiern mit einem zinsenlosen Kredit in Höhe von 10.000 Gulden unter die Arme, damit dieser für ein evangelisches Schülerheim in Klagenfurt ein Haus erwerben konnte.

Der Schöpfer der Tourismuszentren in Pörtschach und Velden war eine markante Erscheinung. Der Herr Kommerzialrat hatte die Hände stets hinten am Rücken und trug häufig ein Samtbarett. Wegen seines Patriarchenbarts wurde er bisweilen mit dem Komponisten Johannes Brahms verwechselt. Der Architekt Heinrich Adam erbaute für Wahliß 1882/83 ein neobarockes Palais in Wien 4, Argentinierstraße 21.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 149-150.

 

Ernst WAHLIß

(eigentl. Carl Ernst David WAHLIß)

Geboren am 1. März 1837 in Oschatz, Königreich Sachsen.
Gestorben am 18. Juli 1900 in Wien.

Geschäftsmann und Porzellanwarenfabrikant.

Ernst Wahliß ist in jungen Jahren als Reisender für eine Porzellanmanufaktur tätig gewesen. Über seinen Bildungsweg ist nichts bekannt; möglicherweise war er Porzellanmaler.

1863 heiratete er die Pastorentochter Anna Bahr und machte sich mit einem Porzellanwarengeschäft in Wien selbstständig. Sein Unternehmen expandierte rasch und war auch international erfolgreich. In London konnte er 1883 ein Engrosgeschäft eröffnen und 1888 das Wahliß’sche Porzellanwarenhaus gründen. 1894 kaufte er die Porzellanfabrik von Alfred Stellmacher in Turn-Teplitz, Böhmen, und begann unter dem Namen ‚Ernst Wahliss Kunst-, Porzellan und Fayence-Fabrik‚ mit der Produktion von dekorativer Keramik (Speiseservice und Arbeiten nach Alt Wiener Art).

Der erfolgreiche Geschäftsmann und Industrielle war auch ein Pionier der Tourismuswirschaft: besondere Verdienste erwarb er sich um die Förderung des Tourismus in Kärnten und gestaltete das unscheinbare Dörfchen Pörtschach sowie Velden am Wörtersee zu extravaganten Badeorten um.

Ernst Wahliß war evangelisch A.B. und Mitglied der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich. Er starb an den Folgen seiner Asthmaerkrankung und wurde am Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf beigesetzt

 

 

Weblinks (Auswahl)

 

Literatur (Auswahl):

  • Harald DISTELBERGER, Carl Ernst David Wahliß, seine Familie und sein Porzellanunternehmen. In: CARINTHIA I 2015, Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, S. 315–338.

Theodor Edmund SCHMIDT

Geboren, 17. Oktober 1857 in Pest, Ungarn.
Gestorben am 5. August 1921 in Unterach a. Attersee/OÖ.

Fabrikant und Süßwarenhersteller

Theodor Edmund Schmidt war der jüngste Sohn des Fabrikanten und Süßwarenerzeugers Victor Anton Schmidt (geb. am 8.(6.) 12.1826 in Stegersbach, Burgenland, gest. am 26. 1.1898 in Pressburg/SK).

Victor Anton Schmidt hat sich nach einer Konditorlehre in Preßburg 1846 als Erzeuger von Konditorwaren selbständig gemacht und war Ende der 1850er Jahre nach Wien übersiedelt, wo er das Gewerbe der Schokolade- und Kanditenfabrikation mit Standort Wien IV. anmeldete. Nach einem starken finanziellen Rückschlag kam es ab 1864 zu einem raschen Aufschwung seiner Firma „Victor Schmidt“, die nach dem Eintritt der Söhne Victor Ladislaus (geb. Pest, Budapest/Ungarn, 27.6.1849; gest. Dresden, Sachsen/Deutschland, 2.7.1914) und Alfred (geb. Pest, 17.12.1854; gest. Wien, 12.12.1923) 1872 in „Victor Schmidt & Sohn“ umbenannt und ab 1878 unter „Victor Schmidt & Söhne“ firmierte.

Theodor Edmund Schmidt ist 1884 in das Unternehmen eingetreten und hat nach dem Rückzug des Vaters mit seinen Brüdern (Victor Ladislaus nur bis 1904) die Firmenleitung übernommen. Die Firma „Victor Schmidt & Söhne“ entwickelte sich in den folgenden Jahren zur führenden Schokolade-, Zuckerwaren- und Backwarenfabrik in Österreich-Ungarn, überstand auch alle Krisen des 20. Jahrhunderts und wurde 1994 von Nestle gekauft. Im Jahr 2000 hat Nestle die Marke Schmidt an Manner veräußert.

Theodor Edmund Schmidt ist von der katholischen zur evangelischen Kirche H.B. übergetreten und hat 1890 die ebenfalls zur evangelischen Kirche H.B. konvertierte Charlotte Franziska Theodora Pontzen (1865-1927), Tochter des jüdischen Börsensensal Rudolf Pontzen (gest. 1875), geheiratet. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Theodor Aurelius, Alfred Rudolf und Charlotte Franziska Henriette. Seine letzte Ruhe fand Theodor Edmund Schmidt in einem Ehrengrab am Evangelischen Friedhof Simmering (Gruft bei der Mauer, Nr. 19).

Sein ältester Sohn, Theodor Aurelius Schmidt (geb. am 3.8.1891 in Wien, gest. am 18.10.1973 in Wien), war nach dem Jusstudium in Innsbruck, Oxford und Paris, das er mit der Promotion abschloss, und seinem Dienst als Reserveoffizier im Ersten Weltkrieg zunächst Prokurist in der Firma „Victor Schmidt & Söhne“ und gehörte dem Unternehmen von 1921 bis 1939 als Gesellschafter an, hatte aber an dessen Führung wenig Interesse. Er engagierte sich politisch (z.B. im Hauptverband der Industrie Österreichs oder als Arbeitgeber-Vertreter Österreichs im Völkerbund, kooperierte mit dem austrofaschistischen Regime), war ein erfolgreicher Sportfunktionär (u.a. Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees) und spielte im Gesellschaftsleben eine bedeutende Rolle.
1938 emigrierte Theodor Schmidt in die USA, dürfte aber auch in der Dominikanische Republik gelebt haben. 1955 kehrte er als Honorarkonsul der Dominkanischen Republik nach Wien zurück und erhielt auf Basis seines Anteils an der Firma „Victor Schmidt & Söhne“ eine Leibrente bis an sein Lebensende. Er wurde im Ehrengrab des Vaters am Evangelischen Friedhof Simmering (Gruft bei der Mauer, Nr. 19) bestattet.

 

 

Weblinks (Auswahl):