Robert BERNARDIS

Geboren am 7. August 1908 in Innsbruck.
Gestorben am 8. August 1944 in Berlin-Plötzensee.

Oberstleutnant im Generalstab der deutschen Wehrmacht und österreichischer Widerstandskämpfer

Robert Bernardis war der Sohn des Militär-Baumeisters Nikolaus Bernardis. Er verbrachte seine Kindheit in Linz, besuchte die Militärunterrealschule in Enns, nach deren Schließung 1918 die Bundeserziehungsanstalten Traiskirchen und Wiener Neustadt (Vorgängerorganisation des heutigen Militärrealgymnasiums), wo er 1925 maturierte. Eine weitere militärische Ausbildung war zunächst nicht möglich, daher absolvierte er eine zweijährige Ausbildung zum Bautechniker in der Gewerbeschule in Mödling.

Als die Offiziersausbildung wieder aufgenommen wurde, meldete sich Bernardis dafür und rückte im Herbst 1928 in Linz zum Bundesheer ein. 1932 wurde er als Leutnant von der Offiziersakademie in Enns zum Pionierbataillon in Linz ausgemustert.

1933 heiratete er Hermine Feichtinger. Dem Ehepaar wurden zwei Kinder geboren.

Der Truppendienst bot Bernardis aber zu wenig geistige Anreize, daher entschied er sich für die Generalstabslaufbahn und schaffte 1936 die selektiven Aufnahmetests für die Höheren Offizierskurse in Wien. Zum Abschluss seiner Ausbildung wurde er 1938 nach Berlin versetzt und im Oktober 1938 zum Hauptmann befördert.

In dem 1939 beginnenden Weltkrieg war der junge Generalstabsoffizier an allen Kriegsschauplätzen eingesetzt und zeichnete sich durch hervorragende Leistungen aus. Als der Russlandfeldzug begann, wurde er mit seiner Truppe in den Raum der heutigen Ukraine verlegt. Hier wurde er Zeuge der Ermordung von Kriegsgefangenen und Massenerschießungen von Juden, ohne dies verhindern zu können.

Bernardis stand zwar damals dem Nationalsozialismus nicht ablehnend gegenüber, doch sein Weltbild wurde durch diese Erlebnisse in den Grundfesten erschüttert, und vor allem sie veranlassten ihn, wie auch andere Mitglieder des Offizierskorps, sich dem Widerstand anzuschließen.

Nach einem schweren gesundheitlichen Zusammenbruch, der im Feldlazarett behandelt werden musste, wurde Bernardis zur Genesung in das Allgemeine Heeresamt des Oberkommandos des Heeres, angesiedelt im so genannten Bendlerblock in Berlin, versetzt. Dort war er als Gruppenleiter für das Personalwesen für die Personalergänzung an der Front zuständig und bekam dadurch Einblick in die hohen Gefallenenzahlen, was ihn auch an Hitlers militärischen Fähigkeiten zweifeln ließ.

Seit 1943 stand Bernardis mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg nicht nur in beruflicher, sondern auch in freundschaftlicher Beziehung und hatten von dessen Verschwörungsplänen vermutlich seit Ende 1943/Anfang 1944 Kenntnis. In der Planung des Attentats vom 20. Juli 1944 nahm Bernardis als Mitarbeiter – gewissermaßen Stabsoffizier – Stauffenbergs eine nicht unwesentliche Rolle ein. Er entwarf die Durchführungsbefehle in verschiedenen Wehrkreiskommanden für die Phase nach dem Attentat, in der die führenden Nationalsozialisten festgenommen werden sollten. und war als Mittels- und Verbindungsmann zum militärischen Widerstand in Wien tätig.

Als das Attentat auf Hitler misslungen war und der Sturz des NS-Systems am späten Nachmittag des 20. Juli 1944 zu scheitern drohte, versuchte Bernardis die „Operation Walküre“ fortzusetzen indem er vom Bendlerblock aus die Kampfverbände in den außerhalb des Stadtgebietes von Berlin gelegenen Teilen des Wehrkreises III. telefonisch alarmierte. Dadurch enttarnte er sich als einer der Verschwörer und wurde in der Nacht zum 21. Juli verhaftet.

Im Prozess vor dem Volksgerichtshof am 7. und 8. August 1944 betonte Bernardis seine Rolle als Vorgesetzter, damit seine Mitarbeiter sich gegenüber Anschuldigungen auf Befehlsnotstand berufen konnten. Des Weiteren versuchte er klar zu machen, dass sich der Umsturzversuch gegen das NS-Regime gerichtet hatte und keine Sabotage an den kämpfenden Einheiten war.

Bernardis wurde am 8. August 1944 zum Tod durch den Strang verurteilt und am selben Tag in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Ehefrau und Mutter wurden für ein Monat in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht. Seine beiden Kinder hat man bis Ende 1944 mit Kindern von anderen Verschwörern zwecks Umerziehung im NS-Kinderheim in Bad Sachsa interniert.

Für die Juli-Attentäter gab es kein Begräbnis, alle Personalunterlagen wurden vernichtet – sie sollten aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht werden.

1958 wurden am Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Absolventen der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt auch die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Absolventen hinzugefügt. Auch Bernardis‘ Name findet sich hier.
1994 wurde in Linz eine Straße nach ihm benannt.
2004 ist unter großem öffentlichem Interesse auf dem Areal der Heeresunteroffiziersakademie in Enns ein Denkmal für Robert Bernardis enthüllt worden.
Anfang 2020 erfolgte die Benennung der Rossauer Kaserne in Rossauer Kaserne Bernardis-Schmid, nach Robert Bernardis und Anton Schmid

 

Weblinks (Auswahl):

 

Literatur (Auswahl):

  • Karl-Reinhart Trauner: Mit Stauffenberg gegen Hitler. Oberstleutnant i.G. Robert Bernardis (1908 – 1944). Szentendre: Tillinger 2008
  • Evangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich (Hg.): Robert Bernardis – Österreichs Stauffenberg zum ehrenden Gedenken anlässlich seines 100. Geburtsjubiläums. Wien, 2008.

 

Hans Kelsen (1881 – 1973)

Weltweit einer der bedeutendsten Juristen des 20. Jahrhunderts und Schöpfer der österreichischen Bundesverfassung, der sich auch mit dem Johannesevangelium auseinandersetzte.

Hans Kelsen wurde am 11. Oktober 1881 in Prag als Sohn einer deutschsprachigen jüdischen Familie geboren, die 1883 nach Wien zog. Von seinen Eltern wurde er in die damals besten Schulen von Wien geschickt, in die Evangelische Volksschule und das Akademische Gymnasium im Wien. Das Studium an der Universität Wien beendete Kelsen 1906 mit der Promotion zum Doktor beider Rechte. Ein Jahr vorher war er aus eher pragmatischen Gründen zum römisch-katholischen Glauben übergetreten. 1911 habilitierte sich der überaus begabte Jurist dann an der Wiener Rechtsfakultät.

1912 verwirklichte Hans Kelsen seinen Entschluss, evangelisch zu werden. Er trat in die Evangelische Kirche A.B. ein. Im selben Jahr gründete mit seiner Frau Margarete eine Familie. Der Ehe entstammten zwei Töchter.

Gleich nach Ende seines Kriegsdienstes im Jahr 1918 beauftragte ihn Staatskanzler Karl Renner mit der Ausarbeitung einer definitiven Verfassung für die neu gegründete Republik Österreich. Das heute noch geltende Bundesverfassungsgesetz von 1920 trägt eindeutig die Handschrift Hans Kelsens. Die von ihm weiters entwickelte österreichische Verfassungsgerichtsbarkeit war damals richtungsweisend für ganz Europa.

1919 begann Kelsen seine Tätigkeit als Hochschullehrer in Wien und setzte diese dann 1930 in Köln fort. Wegen seiner jüdischen Abstammung musste er aber schon 1933 nach Genf und später nach Prag emigrieren und wanderte 1940 schließlich nach Amerika aus. Der mit 11 Ehrendoktoraten von Universitäten auf der ganzen Welt ausgezeichnete Hans Kelsen starb am 18. April 1973 in Berkeley, Kalifornien.

Sein internationaler Ruf ist vor allem mit der von ihm entwickelten Reinen Rechtslehre untrennbar verbunden, mit welcher er den „Rechtspositivismus“, eine völlig neue Grundlage schuf.

Kelsens zentrales Denken galt immer auch der Verteidigung der Freiheit – insbesonders der geistigen Freiheit – gegen jegliche Form der Unterdrückung, ein für Evangelische sehr vertrautes Thema und Anliegen. Sein Wirken weist noch einen „protestantischen“ Zug auf: Die immense Bedeutung, die er der Bildung beimaß, generell und speziell für die Jugend. Sein großes Bildungsideal war, Menschen zu kritikfähigen Verteidigern der Demokratie zu erziehen. Demokratisches Denken und Handeln war für ihn unabdingbare Voraussetzung für eine moderne Gesellschaft. Sie sind es auch für das Leben in der Evangelischen Kirche auf allen Ebenen.

Der für Christen wohl interessanteste, wenn auch weniger bekannte Aspekt in Kelsens Schriften, ist seine Auseinandersetzung mit dem Prozess Jesu. Es ist das Verdienst Manfried Welans, darauf neuerdings sehr ausführlich hinzuweisen. Auf die berühmte Frage von Pilatus im Johannesevangelium „Was ist Wahrheit?“ bezieht sich Hans Kelsen in zwei seiner wichtigen Abhandlungen „Wesen und Wert der Demokratie“ (1920) und „Was ist Gerechtigkeit“ (1953). Das Johannesevangelium, auf welches sich Hans Kelsen stützt, beschließt den eigentlichen Prozess damit, dass Pilatus Jesus ausliefert, damit er gekreuzigt würde. Er mag von Jesu Unschuld überzeugt gewesen sein, aber handelte nicht danach und lieferte Jesus aus. Wie Kelsen betonte, war Pilatus aber das zuständige Gericht und deshalb ist er für die Kreuzigung allein verantwortlich. Daher ist Pilatus auch zurecht im Credo erwähnt.

Kelsen schreibt über das 18. Kapitel des Johannesevangeliums: „Die schlichte, in ihrer Naivität lapidare Darstellung gehört zum Großartigsten, was die Weltliteratur hervorgebracht hat; und ohne es zu beabsichtigen, wächst sie zu einem tragischen Symbol des Relativismus und der Demokratie.“ Auf die Worte von Jesu „ … Jeder, der aus der Wahrheit ist, höret meine Stimme.“ fragt Pilatus „Was ist Wahrheit?“. Weil er es nicht weiß und Demokratie gewohnt ist, veranstaltet Pilatus eine Abstimmung. Im Angesicht des Kreuzes erhebt sich aber für Kelsen dahinter eine viel gewaltigere Frage: „Was ist Gerechtigkeit?“ und kommt zur Einsicht: Jesus hat die alttestamentarische Vergeltung durch das Prinzip der Liebe ersetzt und damit eine neue und wahre Gerechtigkeit verkündet. Dies ist aber nicht die Liebe der Menschen, sondern Gottes Liebe. Im Lichte der Unfassbarkeit Gottes ist diese Liebe „ein Geheimnis, eines der vielen Geheimnisse des Glaubens“ (Kelsen).

Erkenntnisse des bedeutendsten Juristen des 20. Jahrhunderts und evangelischen Christen, die gut in die Passionszeit passen.

 

Ernst Burger: Hans Kelsen
In: Dialog. Zeitschrift der Evang. Pfarrgemeinde Graz-Heilandskirche A.und H.B., Ausgabe März 2008

Die Familie GRÄFFER

Die Brüder August und Rudolf Gräffer waren angesehene Buchhändler im 18.Jahrhundert.

Samuel August GRÄFFER (geboren 1740 in Hochkirch i. d. Oberlausitz/Schlesien, gestorben 1816 in Wien), hatte in Wien studiert und erhielt 1799 die Buchhandlungsfreiheit.

Sein Sohn Franz GRÄFFER (geboren am 6. Jänner 1785 Wien, gestorben am 8. Oktober 1852 in Wien, bestattet am Allgemeinen Währinger Friedhof), ein bekannter Literat des Vormärz, machte eine eigene Antiquariatsbuchhandlung auf und verfasste eine ganze Reihe höchst eindrucksvoller Bücher über das »alte Wien«. Mit Johann Jakob Czikann gab er eine »Oesterreichische National-Encyklopädie, oder alphabetische Darlegung der wissenswürdigsten Eigenthümlichkeiten des österreichischen Kaiserthumes« heraus (Wien, 1835-1837, 6 Bände). Interessant ist, dass der lutherische Protestant Gräffer eine »Wiener katholische Zeitschrift für Geistliche und Laien jeden Standes« herausgeben wollte, was aber von der Zensur verboten wurde. Obwohl Gräffer ein Sonderling war, war er bei der Wiener Bevölkerung sehr beliebt. Er starb im Irrenhaus.

Rudolf GRÄFFER (geboren 1734 in Laußnitz/Preußisch-Schlesien, heute in Sachsen/D; gestorben 1.7.1817 Wien) eröffnete 1768 eine Buchhandlung in Wien. Sein Verdienst war die Einführung des Vellinpapiers in Wien. Er war hochgebildet, aber kein erfolgreicher Geschäftsmann. Verträge mit Aloys Blumauer und Bartholomäus Herder führten ihn in den Konkurs. Er war evangelisch A. B. und gehörte dem Presbyterium der Wiener Lutherischen Gemeinde an.

 

Siehe auch:

  • Der Verlagsbuchhandel
    Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 189 – 192

 

Weblinks (Auswahl):