Hans RIEGER

Geboren am 19. Juni 1892 in Wien
Gestorben am 7. März 1980 in Wien

Pfarrer, Gefängnisseelsorger

Hans Rieger studierte bis 1916 evangelische Theologie an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Nach Ablegen der vorgeschriebenen Prüfungen wurde er ordiniert, in das kirchliche Dienstverhältnis übernommen und 1917 Pfarrer Antonius in der Gemeinde Landstraße als Personalvikar zugeteilt.

Im Jahre 1924 wurde Hans Rieger zum Pfarrer der evangelischen Teilgemeinde, später Pfarrgemeinde A.B. Wien-Favoriten gewählt und hatte dieses Amt bis 1949 inne.

Große Verdienste erwarb sich Hans Rieger um die seelsorgerliche Betreuung krimineller und politischer Gefangener sowohl in der Zeit des Ständestaates, vor allem aber in der Zeit des Nationalsozialismus ab 1942 – viele zum Tode Verurteilte hat er auf ihrem letzten Gang tröstend begleitet.

Seine Einstellung zum NS-Regime kann an Hand der derzeitigen Quellenlage nicht endgültig beurteilt werden. Er dürfte zwar zu jenen gehört haben, die eine Fühlungnahme suchten, doch scheinen stets das Gelingen seines Seelsorgedienstes und anderer Hilfsdienste bzw. theologische Motive vordergründiger gewesen zu sein als politische.

1949 übernahm Hans Rieger den Dienst eines Krankenhauspfarrers im Pfarrgemeindeverband Wien, später das Amt eines hauptberuflichen Seelsorgers im Wiener Landesgericht. Dieses Amt hat er über seinen offiziellen Ruhestandsbeginn (1. Juli 1964) hinaus bis 1968 ausgeübt, weil für den so wichtigen Dienst zunächst kein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte. Weiters hat er durch viele Vorträge in einer breiteren Öffentlichkeit Verständnis für den Seelsorgedienst an Gefangenen geweckt.

Solange es seine Kräfte erlaubten, war Hans Rieger auch als Pensionist bereit, Vertretungen im Gottesdienst und bei Amtshandlungen zu übernehmen.

In Anerkennung seiner Arbeit hat ihm der Bundespräsident 1961 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik verliehen.

 

Siehe auch:

 

Weblinks (Auswahl):

 

Quellen und Literatur (Auswahl):

  • Amtsblatt für die Evangelische Kirche in Österreich, Jg. 1980, 3. Stück, S. 48 (https://www.kirchenrecht.at/kabl/51299.pdf Blatt 55)
  • Leonhard JUNGWIRTH, Politische Vergangenheiten. der österreichische Protestantismus in den Jahren 1933/34 bis 1968. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [2024]
  • Gerhard Peter SCHWARZ, Ständestaat und evangelische Kirche von 1933 bis 1938 : evangelische Geistlichkeit und der Nationalsozialismus aus der Sicht der Behörden von 1933 – 1938. 1. Aufl., Graz: Dbv-Verl. 1987

Peter KARNER

Geboren am 14. Mai 1937 in Wien.
Gestorben am 21. Dezember 2022 in Wien

Pfarrer, Landessuperintendent, Journalist, Publizist und Buchautor

Archivbild von 2009. Foto: epd/Uschmann

Peter Karner studierte ab 1955 Evangelische Theologie an der Universität Wien sowie zwei Semester in Basel, u. a. bei den renommierten Professoren Karl Barth und Karl Jaspers. Seine kirchliche Laufbahn begann er mit der Jugendarbeit.

Von 1962 bis 1976 hat Peter Karner Religionsunterricht an der Handelsschule am Karlsplatz sowie an Höheren technischen Lehranstalten erteilt. Nach dem Lehrvikariat bei Pfarrer Mag. Hermann Rippel in der Evangelischen Pfarrgemeinde H.B. Wien-Innere Stadt legte er im Jahr 1963 die Pfarramtsprüfung ab und wurde von Landessuperintendent Volkmar Rogler in der Reformierten Stadtkirche ordiniert. Im selben Jahr heiratete er, ein Jahr später wurde dem Ehepaar ein Sohn geboren.

1965 wurde Peter Karner Gemeindepfarrer der Evangelischen Pfarrgemeinde H. B. Wien-Innere Stadt und blieb 39 Jahre in diesem Amt sowie Mitglied der Synode H.B., 1968 wurde er in die Generalsynode sowie in den Rechts- und Verfassungsausschuss der Generalsynode gewählt und gehörte von 1970 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2004 dem Evangelischen Oberkirchenrat H.B. an.

1986 erfolgte seine Wahl zum Landessuperintendenten der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich, in den Jahren 1992 und 1998 seine Wiederwahl.

Als Landessuperintendent war Peter Karner auch stellvertretender Vorsitzender des Oberkirchenrates A. und H.B., wirkte in zahlreichen synodalen Gremien mit und gründete den Verband der Wiener Evangelischen Pfarrgemeinden H.B. Er betrieb auf allen Ebenen und in allen kirchlichen Vertretungskörpern eine profilierte H.B.-Politik aus dem Geist der reformierten Tradition. Von Anfang an ist er für die „Leuenberger Konkordie“ eingetreten, aber gegen einen Unionismus und für eine eigenständige reformierte Kirche in Österreich.

Doch auch Ökumene ist Peter Karner stets ein großes Anliegen gewesen. Von 1982 bis 1986 war er Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich International bemühte sich Karner um die Kontakte zu Pfarrern in Ost-Mitteleuropa. 1999 initiierte er die Donau-Kirchen-Konsultation als Nachfolgeprojekt der sog. Oberwart-Konferenz.

Seine journalistische Tätigkeit begann Peter Karner als Redakteur der Jugendzeitschrift „anstoss“. Seit 1965 war er freier Mitarbeiter des ORF/Radio und wirkte bei zahlreichen evangelischen Sendungen mit. Des Weiteren produzierte er Sendungen für den Deutschlandfunk/Köln, den Bayrischen Rundfunk, den Südwestfunk und für den Sender „Freies Berlin“. 1973 und 1977 erhielt er mit zwei Teams den „Unda-Sevilla-Preis“ (UNDA= Internationale Katholische Radio- und Fernsehverband) für die weltbeste religiöse Sendung. Daneben war er Kolumnist in mehreren österreichischen Wochenzeitungen und von 1967 bis 1986 Chefredakteur des Reformierten Kirchenblattes sowie als Herausgeber der „Reformierten Schriften“ und als Autor zahlreicher kirchenhistorischer und geistlicher Bücher tätig.

Besonders herausragende Leistungen waren die sprachliche Neuübertragung des Heidelberger Katechismus (mit Mag. Erika Tuppy) nach dem Original der Österreichischen Nationalbibliothek, und des gereimten Jorissen-Psalters 1792 (mit Mag. Josef Dirnbeck), sowie die Totalredaktion der Kirchenverfassung (gemeinsam mit MMag. Oberkirchenrat Robert Kauer).

2003 wurde Peter Karner das große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.

Über seine Pensionierung hinaus hat er seine Kirche im Publikumsrat des ORF und im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich vertreten. Bekannt und beliebt war er vor allem als Prediger, aber auch als Kabarettist.

Der Verein EMÖ ist Peter Karner zu besonderem Dank verpflichtet. Als Gründungsmitglied des Vereins und langjähriger Angehöriger des Vorstandes hat er den Aufbau des virtuellen Museums geradezu liebevoll vorangetrieben. Ein besonderes Anliegen war ihm der Abschnitt „1945 bis heute“, für den er namhafte Autorinnen und Autoren gewinnen konnte, weiters hat Peter Karner die Sonderausstellung über den Reformator Johannes Calvin zusammengestellt.

 

Weblinks (Auswahl):

Georg Traar – Zehn Bände Bittbriefe für die Evangelische Schule

Eine Geschichte erzählt davon, dass der bekannte Nachkriegs-Superintendent der Evangelisch-Lutherischen Diözese, Georg Traar, gemeinsam mit dem damaligen Bischof Gerhard May das Burgenland bereiste, um Eier und Abendmahlswein für die Menschen in Nachkriegswien zu organisieren. In einer unvergleichlichen persönlichen Arbeit für die »neue« Lutherische Diözese Wien gab er nach dem Zweiten Weltkrieg den Evangelischen in Wien Heimat, Hoffnung und Ziel.

Als Landesjugendführer war Traar in der Zwischenkriegszeit 1934 für die Gründung des Evangelischen Jugendwerks mitverantwortlich und engagierte sich in der evangelischen Jugendorganisation »Die Kreuzfahrer«. Viele konnte er dafür begeistern, in der Evangelisch-Lutherischen Kirche mitzuarbeiten. Im Krieg war er beauftragt, die kirchliche Jugend um Bibel und Bekenntnis zu sammeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er das Evangelische Hilfswerk in Wien neu, das nach dem Krieg vielen Menschen half und mit Erholungsaktionen für Kinder, Essensausspeisung und Kleidungsaktionen die Menschen unterstützte. Bis heute können sich viele erinnern, wie sie weinten, als sie Obst oder Kartoffeln bekamen.

Mit enormem Engagement setzte er sich für den Aufbau der evangelischen Gemeinden, des evangelischen Schulwesens, den Aufbau der Rundfunkarbeit und die Gründung des Presseverbandes ein. Traar nahm vieles selbst in die Hand, vor allem den Wiederaufbau der Evangelischen Schule am Karlsplatz, dem er sich über zehn Jahre widmete, wobei er auch ein großes finanzielles Risiko in Kauf nehmen musste. Er zitierte immer unbekümmert in Phasen der finanziellen Not das Wort von Gottlieb August Wimmer: »Unser Herr Christus hat noch nie Bankrott gemacht.« Die sensible Kommunikation mit den Politikern nach dem Krieg beherrschte Traar aufs Beste: Er mischte sich nicht in politische Kämpfe ein und konnte dennoch die Politik für den Wiederaufbau gewinnen. Somit half er auch, die Vermögensverhältnisse der Gemeinden, die nach dem Ersten Weltkrieg mehr als 100.000 Kronen durch die Inflation verloren hatten, zu stabilisieren.

Georg Traar war ein Superintendent, der immer in der Mitte der Menschen war und überall selbst zupackte. In seiner Ansprache in der Evangelischen Schule am Karlsplatz zur Enthüllung einer Erinnerungstafel an ihn 1979 sagte Traar: »Ich wüsste nicht, was ich als wichtiger erachtet hätte als den Aufbau des evangelischen Schulwesens.« Die Zerstörung des Prachtbaus der Evangelischen Schule am Karlsplatz, erbaut durch den Ringstraßenarchitekten Theophil von Hansen, und die Aktionen der Restaurierung füllen zehn Bände mit Bittbriefen; es gab eine Briefmarkenserie zum Wiederaufbau, einen Baugroschen, eine Straßensammlung, Jubiläumsmünzen und vieles mehr. 1961 war die Schule wiederhergestellt, der Empfang zu diesem Anlass fand unter Beteiligung der Regierung und vieler Honoratioren im Belvedere statt.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 146-147.