Weppersdorf

Weppersdorf (ungarisch: Veperd, kroatisch: Veprštof) ist eine Marktgemeinde im Burgenland im Bezirk Oberpullendorf.

Seit dem Jahre 1463 gehörte Weppersdorf herrschaftlich sowie in der Gerichtsbarkeit zu Kobersdorf und war schon davor Mutterpfarre der Herrschaft. Im 16. Jhdt. war die Herrschaft Kobersdorf im Besitz der Familie der Weißpriach – sie nannten sich Grafen von Kobersdorf -, dann der Familie Csóron von Devecser.

Weppersdorf war einer der ersten Orte in der Umgebung von Ödenburg, in denen sich das reformatorische Gedankengut durchsetzte. Unter dem Schutz des evangelischen Grundherrn Johann Weißpriach und seines Schwiegersohnes, des ebenfalls evangelischen Janos Csóron von Devecser wurden die Pfarre mit evangelischen Pfarrern besetzt und es konnte sich evangelisches geistliches Leben entfalten.

In den 40er Jahren des 17.Jh. kaufte der zum Katholizismus konvertierten Johann I Kéry de Ipolyker große Teile der durch Erbteilung zersplitterten Herrschaft. Schon 1646 vertrieb er den Prediger Georg Textorius und am 16. August 1661 kam die ursprünglich katholische, dann evangelische Kirche wieder in die Hände der Katholiken. Die evangelischen Gottesdienste beschränkten sich von da an für mehr als ein Jahrhundert auf Hausandachten. Doch eine evangelische Mehrheit konnte sich in Weppersdorf weiterhin behaupten. 1697 waren von 426 Einwohnern etwa 300 evangelisch.

1795 schlossen sich die Weppersdorfer Evangelischen als Tochtergemeinde der Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Kobersdorf an.

Die 1836 erbaut evangelische Volksschule (heute „Alte Schule“) diente ihr seit einem Umbau im Jahr 1906 als Bethaus.

Foto Sup. Burgenland

1907 wurde die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Weppersdorf selbstständig.

Bald wurde ein Pfarrhaus errichtet und ein Kirchbaufonds gegründet, welcher schnell anwuchs, doch die Kriegsanleihen des Ersten Weltkrieges vernichteten sämtliches Bargeld.

Erst am 20. Juli 1930 konnte der Grundstein für die Bekenntniskirche gelegt werden, die Einweihung erfolgte am 30. August 1931.
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Weblinks (Auswahl):

 

Literatur (Auswahl):

  • Evangelisches Österreich. Ein Gedenkstättenführer. Herausgegeben von Bischof Oskar Sakrausky. Wien 1981, S. 225-226.

Kobersdorf

Kobersdorf (ungarisch: Kabold, kroatisch: Kobrštof) ist eine Marktgemeinde (seit 1463) im Burgenland im Bezirk Oberpullendorf in Österreich.

Die Herrschaft Kobersdorf gehörte im 16. Jh. den Herren von Weißpriach. Durch Flugblätter und Bücher wurde die lutherische Lehre hier schon um 1524 verbreitet.

Johann Weißpriach, Grundherr von Kobersdorf, wurde 1541 evangelisch. Er besetzte die Pfarren der Herrschaft mit evangelischen Pfarrern und bis 1571 waren fast alle Orte seines Besitzes rein evangelisch. Auch die späteren Besitzer (sein Schwiegersohn Hans Csóron von Devecser sowie dessen Schwiegersöhne Christoph Nadasdy und Stephan Listhiusy) waren Protestanten.

1661 begann, zunächst mit geringem Druck, die katholische Restauration auch in der Herrschaft Kobersdorf, denn Johann I Kéry de Ipolyker, der ab 1648 große Teile der inzwischen durch Erbteilung zersplitterten Herrschaft zurückgekauft hatte, sowie dessen Söhne waren zum Katholizismus konvertierten, und im Jahr 1663 schien erstmals wieder ein katholischer Pfarrer in Kobersdorf auf. Schärfere gegenreformatorische Maßnahmen wurden dann unter Franz Kery ab den 1670er Jahren ergriffen, Doch 1697 waren gemäß einer Visitation in der gesamten Herrschaft noch immer etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung evangelisch.

1783 wurde die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Kobersdorf gegründet. Die Evangelischen in Weppersdorf, Oberpetersdorf, Tschurndorf, Kalkgruben und Lindgraben schlossen an und die Gemeinde erhielt die Erlaubnis zur Errichtung eines Bethauses.

Foto Sup. Burgenland

Der Bau der evangelischen Kirche wurde 1785 beschlossen und bereits im September desselben Jahres konnte der erste Gottesdienst in der neuen Kirche gefeiert werden. Die Kirche wurde als Toleranzbethaus erbaut und erhielt im Zuge des Umbaus 1856 den Ostturm. Eine Renovierung erfolgte in den Jahren 1953/54. Der Altar, entstanden um 1680, stammt aus dem ehemaligen Eremitenkloster Wandorf. Nach Auflösung dieses Klosters war der Altar 1786 im Rahmen einer Versteigerung erworben und als Geschenk in die evangelische Kirche von Kobersdorf übertragen worden. Er zeigt die typische Erscheinung des Barockaltars aus dem späten 17. Jahrhundert, das Aufsatzbild (Kreuzigung) malte Stephan Dorfmaister 1787.

Aus Wikimedia Commons; Foto Ferdinand Schlanitz

Schloss Kobersdorf entstand aus einer mittelalterlichen Burganlage. Die Familie Weißpriach ließ die Burg ab 1529 zum Schloss umbauen und erweitern sowie die protestantische Kapelle errichten. Der Schlossausbau wurde 1656 von Johann I. Kery de Ipoliker im Stil des Manierismus vollendete. Im Zuge dessen verlor die protestantisch geweihte Schlosskapelle die für protestantische Kapellen typische Galerie, doch bei ihrer Restaurierung fand man noch Ornamente und Inschriften aus der Zeit um 1630, die auf die evangelische Periode zurückgehen.

 

Weblinks (Auswahl):

 

Literatur (Auswahl):

  • Evangelisches Österreich. Ein Gedenkstättenführer. Herausgegeben von Bischof Oskar Sakrausky. Wien 1981, S. 210.

Eine Wolke von Zeugen – Gustav von Arthaber

Von Gustav REINGRABNER

Auch nach dem Toleranzpatent Josefs II. war es Evangelischen durchaus verwehrt, an der Wiener Universität ein akademisches Lehramt zu bekleiden. Es ist bekannt, dass der Historiker Theodor von SICKEL erst nach langem Widerstand zu einem solchen zuglassen wurde. Und auch nach dem Protestantenpatent von 1861 war es immer noch nicht selbstverständlich, dass Evangelische zu Professoren ernannt wurden. In der Regel geschah das nur dann, wenn es sich wirklich nicht vermeiden ließ. Ein großer Teil dieser evangelischen Lehrer an der Wiener Universität kam denn auch aus dem deutschsprachigen Ausland – er konnte mithelfen, dass bestimmte Bereiche in der wissenschaftlichen Forschung „abgedeckt“ wurden, bei denen das sonst nicht oder nicht in der entsprechenden Qualität geschehen hätte können. So stellt es bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts eine Besonderheit dar, wenn ein Evangelischer, der aus Wien stammte, zum Professor an der Wiener Universität ernannt wurde. Bei Gustav von Arthaber war das der Fall.

Der Name Arthaber ist den Kunstfreunden bekannt, weil Ferdinand Georg Waldmüller die Familie des Industriellen Arthaber auf einem seiner Bilder dargestellt hat. Die Bewohner des 10. Wiener Gemeindebezirks kennen den Namen von einem Platz, der dort diesen Namen trägt. Aus dieser – zuletzt von Korneuburg – nach Wien zugezogenen und in Döbling ansässig gewordenen Industriellenfamilie stammt Gustav von Arthaber. Er ist am 21. Oktober 1864 geboren worden, kam also schon von Anfang an in jene liberal bestimmte Periode hinein, in der das durch das Protestantenpatent von vielen Fesseln befreite Luthertum in Wien einen bedeutenden Aufschwung nahm. Die finanzielle Position der Familie war so geartet, dass die Eltern den Buben zunächst zu Hause unterrichten lassen konnten und ihn dann in eine ferne Internatsschule schickten. Die Wahl fiel dabei auf das schon seit einiger Zeit für die Entwicklung der Pädagogik so wichtige Philanthropin Schnepfenthal in Thüringen, zu dem von Wien aus auch schon seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts Beziehungen bestanden. Dort hatten philantrophische Grundsätze zu einer weitgehenden Veränderung des Verständnisses des Unterrichtes geführt, dort meinte man in zeitgemäßer Form die alte Verbindung von Lernen und Reifen, von Glaube, Wissen und Lebenshaltung neu beleben zu können.

Nach seiner Rückkehr besuchte Gustav von Arthaber das Gymnasium im 9. Bezirk, wo er im Jahre 1886 seine Matura ablegte. Unmittelbar danach begann er mit dem Studium der Naturwissenschaften in Wien, wobei er das Hauptgewicht auf Paläontologie und Geologie legte. Das bedeutete aber, dass er auch Zoologie, Mineralogie und Petrographie studierte. Seine Dissertation schrieb Arthaber über ein geologisches Thema aus dem Kärntner Raum. Im Jahre 1892 erfolgte die Promotion.

An diese schloss sich eine etwa ein Jahr dauernde Studienreise nach Westeuropa an. Nach der Rückkehr trat er die Stelle eines Assistenten am Paläontologischen Institut der Wiener Universität an. Von dort aus erfolgte vier Jahre später die Habilitation. Es war also bis hierher eine folgerichtige wissenschaftliche Laufbahn, die lediglich durch mehrere Auslandsaufenthalte gegliedert wurde. Erst 1907 wurde er jedoch zum unbesoldeten außerordentlichen Professor für Paläontologie ernannt. Im Jahre 1911 erfolgte dann die Übernahme in den besoldeten Dienst. Diese Funktion nahm er bis zu seiner im Jahre 1933 erfolgten Versetzung in den Ruhestand wahr. Wissenschaftlich war er nicht nur durch Veröffentlichungen, sondern auch als Mitglied und Präsident zweier wissenschaftlicher Gesellschaften, der geologischen und der geographischen Gesellschaft in Wien tätig.

Daneben aber stand sein Einsatz für die evangelische Gemeinde. Er gehörte nicht nur zu jenen, die am Gemeindeleben aktiv teilnahmen, sondern war auch bereit, sich in Leitungsgremien der Gemeinde wählen zu lassen. Im Jahr 1918 trat er in den gemeinsamen Schulausschuss der bei den Wiener evangelischen Gemeinden (A. B. und H.B.) ein. Die Arbeit war mühsam, und in den Jahren, in denen Inflation und eine den kirchlichen Privatschulen nicht eben holde Unterrichtsverwaltung große Probleme bereiteten, sicher auch nicht immer einfach. Es gelang aber nicht nur, die bestehenden Schulen auf der Wieden (Karlsplatz), in Gumpendorf und in Währing zu erhalten, sondern dann auch den Grund für einen unter anderen Vorzeichen erfolgenden Ausbau des evangelischen Schulwesens im österreichischen Ständestaat zu legen. Dabei war das Besondere, dass es gelang, die Existenz der Schulen auch dann sicherzustellen, als die großen Wiener Pfarrgemeinden in mehrere oder gar viele Teilgemeinden unterteilt wurden, was sicher zu einer erheblichen Belastung in Bezug auf die gemeinsamen Aufgaben führte.

Arthaber legte nach achtzehnjähriger Dauer seine Stelle im Schulausschluss nieder. Er war damals immerhin schon 72 Jahre alt. Noch aber blieb er Kurator der Teilgemeinde A. B. Wien-Innere Stadt. Dazu war er im Jahre 1930 gewählt worden.

Nach dem Ersten Weltkrieg war es endlich – die Diskussion ging bis an den Anfang des Jahrhunderts zurück – gelungen, die organisatorischen Probleme der übergroßen lutherischen Pfarrgemeinde in Wien zu lösen. Sie blieb durchaus als Einheit erhalten, doch wurden Teilgemeinden gebildet, die die eigentliche seelsorgerliche Arbeit zu erledigen hatten. Das bedeutete, dass es auf eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Presbytern der Teilgemeinden ankam, sollte das Gesamtpresbyterium nicht lahmgelegt werden. Damit kam den Kuratoren, nicht zuletzt dem des Presbyteriums der Gemeinde in der Dorotheergasse, eine besondere Bedeutung zu.

Die Pflichten des Amtes wurden dadurch nicht erleichtert, dass in der Gemeinde selbst aus politischen und nationalen Gründen viele Spannungen bestanden, dass aber auch der Staat seit 1934 seine evangelischen Bürger in gewisser Hinsicht auszugrenzen suchte, stellte er doch seine Identität auf eine aus dem Katholizismus kommende Ideologie ab. Auch unter den Wiener Pfarrern gab es Unterschiede im Blick auf die Steilung zum Staat.

Der leitende Pfarrer der Kirche in der Dorotheergasse war als Senior und als außerordentlicher Oberkirchenrat in besonderer Weise in die Spannungen eingebunden. Sein Kurator bekam davon auch etwas ab. Daneben ging es aber auch noch um andere Fragen: Pfarrer und Presbyterium der Inneren Stadt waren bereit, auf eine Pfarrstelle zu verzichten, um damit der evangelischen Jugendarbeit zu einer organisatorischen und geistlichen Leitung zu helfen. Zudem schuf man die Stelle eines Inspektors für den Religionsunterricht an den Wiener Schulen, der den bis dahin nur sehr unterschiedlich organisierten, aber jetzt eben besonders wichtigen Unterricht koordinieren und in einer festen Verbindung zur Kirche halten sollte. Gustav von Arthaber war an diesen Beschlüssen als Presbyter und als Kurator beteiligt.

Die Vorgänge des Jahres 1938 bewogen ihn aber dann – er war immerhin 74 Jahre alt -, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Den Aufregungen und Veränderungen fühlte er sich doch nicht mehr gewachsen. Wie weit es ein stiller Protest gewesen ist, wird man nicht sagen können. Er überließ die Verantwortung Jüngeren.

Er schenkte seiner Gemeinde aber noch eine damals durchaus kostbare Arbeit: Im Jahr 1933 erschien in den „Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien“ ein Aufsatz über „Die Vorgeschichte der evangelischen Pfarrkirche und die Anfänge ihrer Gemeinde„. Arthaber ließ davon zahlreiche Sonderdrucke verbreiten, bot dieser Aufsatz doch einen Überblick über die Baugeschichte jener Königsklosterkirche, die 1783 evangelische Kirche geworden war, also aus einer Stiftung der katholischen Frömmigkeit, die durchaus ihre Bedeutung im gegenreformatorischen Bemühen hatte, zu der Heimat der Evangelischen in Wien geworden war. Arthaber machte auf die baugeschichtlichen Besonderheiten des Renaissance-Werkes aufmerksam und versuchte auch einige Hinweise auf die Konstituierung der Gemeinde zu geben. Und wenn er auch kein Historiker war, so bedeutete diese Abhandlung, nicht zuletzt auch durch den Ort, an dem sie erschien, einen wichtigen Beitrag zur Selbstfindung der Gemeinde. Mitten im Kriege, am 29. April 1943, ist Gustav von Arthaber verstorben. Einige Jahre vorher hat er noch die Bedeutung seiner Familie für die industrielle und kulturelle Entwicklung Wiens in einem Aufsatz dargestellt. Diese Zeilen wollen an die Bedeutung Arthabers für die Wiener evangelische Gemeinde erinnern.

 

Aus: Glaube und Heimat 1992, S. 44-47.